Diagnostik

Keine Therapie ohne Diagnostik.
Es gibt einfache Verfahren und sehr geräteintensive Verfahren, schonende Behandlungen und invasive Eingriffe. Die Mittel zu haben bestimmt nicht den Umfang der tierärztlichen Tätigkeit.

Die Behandlung orientiert sich an Notwendigkeit und Ziel, vom wenig Invasiven zum Invasiven.

Anfängliche
Diagnostik

Eingehende Betrachtung
ohne Hilfsmittel

Die Augenuntersuchung beginnt mit der ersten Beurteilung der Orientierungsfähigkeit. Es werden auf Symmetrien/Asymmetrien, Hautveränderungen, Verletzungen, Wimpernstände, Lidkneifen, Lidschwellung, Lidveränderungen und Tränenfluss geachtet. Außerdem wird die Reaktion auf Drohgebärden sowie der Lidreflex geprüft.

Reflexe und Auffälligkeiten mit homogener Lichtquelle

Hier werden insbesondere die Pupillenweite, direkter und konsensueller Pupillarreflex, Reaktion auf grelles Licht bzw. Lichtreflex, Fundusreflex (Farbe in der Pupille bzw. des vom Fundus reflektierten Lichts) und die Augenfarbe (Regenbogenhaut) untersucht.

Grenzen der Untersuchung
mit einfacher Lichtquelle

Theoretisch ist es möglich, bei weit gestellter Pupille (kurz wirksam: Tropicamid, über Tage bis Wochen wirksam: Atropin) nur eine Lichtquelle ohne weitere Hilfsmittel zur Untersuchung des Pferdeauges zu verwenden. Dies ist eine stark eingeschränkte Methode mit der Gefahr, Befunde zu übersehen. Eine Lupe verbessert die Sicht auf die vorderen Augenstrukturen bis einschließlich Linsenvorderfläche enorm. Zur genaueren Diagnostik sind weitergehende oder spezielle Untersuchungen erforderlich.

Weiterführende
Diagnostik

Organstrukturen mit homogener, fokaler Lichtquelle, Spaltlicht und Lupe (2- bis 5-fach)

Mit der Kombination homogene Lichtquelle und Kopflupe lassen sich die vorderen Augenanteile Lider, Bindehaut, Hornhaut, vordere Augenkammer, Iris, Linsenvorderfläche (mit fokalem Licht oder Spaltlicht bis hin zur Linsenrückfläche) gut untersuchen.

Tonometrie

Die Augeninnendruckmessung kann mittels Rebound-Tonometer oder Aplanationstonometer durchgeführt werden. Wichtig ist es, bei jeder Messung auf Fehlermöglichkeiten zu achten. Schon der geringste Druck von aussen auf den Bulbus kann den gemessenen Augeninnendruck verfälschen. Insbesondere bei schmerzhaften Augenerkrankungen besteht eine Gefahr falsch positiver Ergebnisse, wenn die Lider manuell geöffnet werden müssen. Hilfreich sind hier Leitungsanästhesien am Auge und Lidhalter. Eine Sedierung führt zu einer Senkung des Augeninnendrucks.

Bindehaut-Palpation

Nach mehrmaligen Gaben von Lokalanästhetika-Augentropfen tastet der Zeigefinger die Lidbindehäute und ggf. auch die Conjunctiva bulbi ab. Diese Untersuchung dient dazu, Verhärtungen bzw. tastbare Veränderungen im Lid und deren Ausmaß festzustellen.

Seidel-Test

Der Seidel-Test dient dazu, kleine Undichtichkeiten in der Hornhaut festzustellen. Besteht z.B. nach einer Hornhautnaht eine kleine Undichtigkeit, über die Kammerwasser austritt, entsteht direkt nach Auftragen von Fluorescein ein sichtbares klares Rinnsal als Beweis für die Undichtigkeit.

Jones-Test

Der Jones-Test testet die Durchgängigkeit des Tränennasenkanals. Wird Fluorescein im Rahmen des Fluorescein-Tests ins Auge eingegeben, kann geprüft werden, ob und wann Fluorescein aus dem Ausgang des Tränennasenkanals austritt. Dies sollte innerhalb von 5 Minuten erfolgen, kann aber bis zu 20 Minuten dauern.

Labyrinth-Test

Ein Sehtest, bei dem Pferde über ungefährliche Hindernisse geführt werden, um festzustellen, ob diese wahrgenommen werden können. Dies kann unter Abdeckung eines Auges geschehen.

Ultraschall
-untersuchung
(≥ 7,5 MHz)

Die Ultraschalluntersuchung ist immer hilfreich, sobald das innere Auge nicht eingesehen werden kann. Es ist mit nahezu jeder Ultraschallsonde ab 7,5 Mhz möglich einen guten Überblick über den Zustand des inneren Auges zu bekommen. Mit schmalen Schallköpfen kann die Tränendrüse untersucht werden.

STT (Schirmer Tränentest)

Der STT wird ohne vorherige Anästhesie durchgeführt. Es wird ein Messstreifen, eher im temporalen Drittel, in den ventralen Bindehautsack eingelegt. Liegt der Wert nach 1 Minute unter 10 mm, kann von einem krankhaft "trockenen Auge" ausgegangen werden. Eine Keratokonjunktivitis sicca (KCS, Erkrankung der tränenproduzierenden Organe) ist beim Pferd sehr selten. (Normwert: 15-20 mm/30 sec bzw. 11 mm bis ≥ 30 mm/min)

Biomikroskop /
Handspaltlampe
(10 / 16-fach)

Für die genaue Untersuchung der vorderen Augenstrukturen ist eine Handspaltlampe das Mittel der Wahl. Hiermit können kleinste Veränderung festgestellt werden. Der Untersuchungsabstand ist klein (80 / 100 mm) und die Vergrößerung hoch.

Direkte Ophthalmoskopie

Mit dieser Untersuchungsmethode wird u.a. der dorsale Glaskörperbereich genau eingesehen. Beim Pferd treten häufig innere Augenentzündungen auf. Diese können im schlimmsten Fall zu einer vollständigen Erblindung führen. Eine möglichst vollständige Untersuchung des Glaskörpers kann frühzeitig Hinweise auf eine Uveitis geben.

Indirekte Ophthalmoskopie

Die indirekte Ophthalmoskopie dient dazu, durch getrübte Medien den Augenhintergrund einsehen zu können. Es ist faszinierend, den bunt leuchtenden Augenhintergrund bei den großen Pferdeaugen sehen zu können. Veränderungen können mit dieser Übersichtsuntersuchung bemerkt und anschließend fokussiert und genau mit dem direkten Ophthalmoskop betrachtet werden.

Fluoresceintest

Zunächst werden Lokalanästhetika-Augentropfen verabreicht, da Fluorescein leicht reizend wirkt. Nach Eingabe des Fluorescein-Farbstoffes erfolgt die Spülung der Hornhaut mit einer klaren Flüssigkeit (z.B. BSS oder 0,9%ige NaCl-Lösung). Fluorescein färbt das Hornhautstroma, wenn das Hornhautepithel nicht intakt ist. So können auch kaum sichtbare Defekte festgestellt werden. Hornhautepithel und die Descemet-Membran, beide lipophil, werden nicht angefärbt. Es sollte sowohl mit weißem Licht als auch mit Blaufilter auf eine Färbung des Hornhautstromas geprüft werden.

Spülung des Tränennasen-kanals (TNK)

Mit diesem Test wird die Durchgängigkeit des Tränennasenkanals geprüft. Der Ausgang ist ventral in der Nüster, oft am Übergang von pigmentierter zu unpigmentierter Haut (beim Esel oben lateral). Hier wird eine Zitzenkanüle oder eine andere stumpfe Kanüle eingeführt und der TNK mit 0,9-%iger Kochsalzlösung oder BSS (Balanced Salt Solution) gespült. Hilfreich können das Eingeben von Lokalanästhetika-Augentropfen, eine Leitungsanästhesie des N. infraorbitalis und / oder eine Sedierung sein.

Ultraschall-
untersuchung

(≥ 10-13 MHz)

Mit Sonden über 10 MHz werden die Bilder immer genauer und es können z.B. auch Tumore und Einlagerungen besser dargestellt werden. Es sind auch Hornhautveränderungen, wie z.B. ein Hornhautabszess, Veränderungen in der vorderen Augenkammer und Linsentrübungen darstellbar. Insbesondere bei der Beurteilung des Glaskörpers müssen Fehlermöglichkeiten in Form von Überinterpretation wegen Artefakten beachtet werden.

TFBUT - Tear Film Break-Up Time (oder TBUT - Break-Up Time; FBUT - Fluorescein Break-Up Time)

Hier wird die Zeit zwischen dem letzten Zwinkern und dem ersten Auftreten eines trockenen Punktes auf der Hornhaut gemessen. Dies dient als Maß für die Stabilität des Tränenfilms. Nach Eingabe von Fluorescein werden nach dem ersten Zwinkern die Lider offen gehalten und das sich flächig auf der Hornhaut befindende Fluorescein mit dem Kobaltblau-Filter beobachtet. Sobald dunkle Inseln entstehen, wird die Zeit gestoppt. Beim Pferd beträgt der Normwert ca. 7-9,5 Sekunden. Lokalanästhetika-Augentropfen verkürzen diese Zeit.

Spezielle
Diagnostik

teilweise in Zusammenarbeit mit Überweisungskliniken (*)

Zytologie

Bei dieser Untersuchung werden verändertes Hornhautgewebe und Auflagerungen auf einem Objektträger ausgestrichen, getrocknet, angefärbt und unter dem Lichtmikroskop beurteilt. Eine große Rolle spielen hierbei insbesondere der Ausschluss einer Pilzinfektion, die sehr gefährlich sein kann. Zudem können z.B. eosinophile Granulozyten (Entzündungszellen, die oft bei nicht heilenden Hornhautwunden eine Rolle spielen) festgestellt werden.

Bakteriologische Untersuchung mit Resistenztest

Bei Hornhautinfektionen können Bakterien Auslöser für gefährliche Hornhautulzera sein. Die Bakteriologische Untersuchung bestimmt den Keim und der Resistenztest, welches Antibiotikum wirksam ist. Reserveantibiotika dürfen nur nach Resistenztest verwendet werden, um Antibiotikaresistenzen zu vermeiden. In Notfallsituationen ist ein möglichst schneller Ergebniserhalt über die Bakteriologische Untersuchung mit Resistenztest wichtig.

Katheterisierung des Tränennasenkanals

Sofern der Tränennasenkanal nicht durchgängig ist und nicht freigespült werden kann, ist der nächste Schritt die Katheterisierung. Oft kann ein Katheter mit leichtem Druck über eine Engstelle hinweg geschoben werden. Es besteht dann die Möglichkeit, den Katheter über Tage bis Wochen im Tränennasenkanal zu belassen, um eine dauerhafte Öffnung zu bewirken.

Bengalrosa-Test

Bengalrosa färbt tote und degenerierte Zellen, sowie Schleim. Zudem kann es bei nicht intaktem Tränenfilm dosisabhängig normale Zellen anfärben und so einen Hinweis auf eine Störung des Tränenfilms geben.

MRT - Magnetresonanz-tomographie*

Magnetresonanztomographie arbeitet bei der Darstellung von Geweben mittels Magnetfeldern und nicht mit Röntgenstrahlen. Hiermit können insbesondere Organveränderungen und Tumore dargestellt werden. Diese Untersuchung findet in Vollnarkose statt.

OCT - Optical Coherence Tomographie*

Bei dieser Technik wird Infrarotlicht im Wellenlängenbereich von ca. 800 bis 1400 nm benutzt, um Aufnahmen von Hornhaut und Netzhautstrukturen 2- und 3-dimensional in Mikrometerauflösung zu erhalten.

Skiaskopie / Streak Retinoskopy

Mit dieser Technik kann auf Ametropien (z.B. Kurz- und Weitsichtigkeit) untersucht werden. Die Bedeutung von Kurz- oder Weitsichtigkeit beim Pferd ist noch nicht bekannt. Pferde können Sehbeeinträchtigungen sehr gut kompensieren, so dass Pferde mit fehlendem Auge oder stark geschädigten Auge oft nicht oder wenig merklich eingeschränkt sind. Dieses Verfahren befindet sich in der Erprobungsphase.

Histologie

Die histologische Untersuchung von Gewebeproben wird in speziellen Instituten für Tierpathologie durchgeführt. Es werden Gewebsschnitte angefertigt und angefärbt. Die Schnittbilder können dann im mikroskopischen Bild auf Zellebene untersucht werden. Diese Untersuchung dient insbesondere dazu, Tumorzellen festzustellen und auf ihren Differenzierungsgrad bewerten zu können.

Kontraströntgen des Tränennasenkanals

Ist der Tränennasenkanal blockiert und führt das Spülen und Katheterisieren nicht zur Verbesserung der Durchgängigkeit, ist es ggf. erforderlich, Kontrastmittel auf Jodbasis oder einen Katheter mit Metallmandrin in den Tränennasenkanal einzuführen und Röntgenbilder anzufertigen. So kann die Lokalisation einer Engstelle bestimmt werden. Es können z.B. Hinweise auf eine Zahnerkrankung erhoben werden, wenn sich die Engsstelle in der Nähe einer Zahnwurzel befindet.

Lissamingrün-Test

Lissamingrün hat gleiche Färbeeigenschaften wie Bengalrosa, außer dass es Epithelzellen auch bei nicht intaktem Tränenfilm nicht anfärbt und es weniger toxisch und reizend ist.

ERG und FVEP (ElektroRetinoGramm und Flash Visual Evoked Potentials)*

Mittels ERG (Elektroretinogramm) kann die Netzhautfunktion geprüft werden. Mit diesem Verfahren kann entweder ein vollständiger Ausfall oder eine ungestörte Funktion festgestellt werden. Alles dazwischen ist schwer beurteilbar. Eine Nachtblindheit, wie z.B. die CSNB (Congenital Stationary Night Blindness) bei Tigerschecken, kann dargestellt werden. Wichtig für die Anwendung sind für das Pferd passende Kontaktelektroden.

FVEP (Flash Visual Evoked Potentials) stellen die Funktionsfähigkeit der Sehbahn zwischen Netzhaut und Gehirn dar. Auch hier ist wie beim ERG noch Forschung bzw. einiges an Aufwand erforderlich, um eine routinemäßige Anwendung mit klaren Aussagen als Ergebnis der Untersuchung zu ermöglichen.

CT -
Computertomographie

Mit der Computertomograpie können Schnittbilder von Körperteilen mittels Röntgentechnik angefertigt werden. Wie bei anderen bildgebenden Verfahren werden laufend große Fortschritte bei der Darstellbarkeit von Gewebsstrukturen und Geräteanwendung gemacht. So ist es mittlerweile routinemäßig möglich, Kopfaufnahmen im Stehen zu machen, um beispielsweise Schäden an der knöchernen Orbita durch retrobulbäre Tumore darzustellen.